
Berlin Trauer um Margot Friedländer: "Tief beeindruckende Persönlichkeit"
Margot Friedländer überlebte die Shoa und warnte immer wieder vor einem Wiedererstarken des Rechtsextremismus. Nach ihrem Tod bekunden Politiker und Prominente ihre Anteilnahme. In einem Kondolenzbuch kann sie bald jeder würdigen.
Nach dem Tod von Margot Friedländer am Freitag haben Politiker und Prominente die Holocaust-Überlebende gewürdigt. Angela Merkel teilte am Sonnabend mit, sie trauere um Friedländer. "Wir können gar nicht dankbar genug sein, dass sie die Kraft fand, von ihrer Leidens- und Lebensgeschichte zu erzählen", so die ehemalige Bundeskanzlerin.
Laut Merkel war Margot Friedländer überzeugt, dass es von überragender Bedeutung war und ist, gerade junge Menschen dafür zu gewinnen, sich entschieden gegen Ausgrenzung, Abwertung, Rassismus, Antisemitismus und jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu wenden. Kein Satz könne ihr Vermächtnis eindrucksvoller vermitteln als Margot Friedländers eigene, "bis zuletzt wieder und wieder gesagten Worte: 'Seid Menschen.'"

Linkspartei will Vermächtnis von Friedländer ehren
Auf dem Parteitag der Linken in Chemnitz sagte der Berliner Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser, Friedländer habe "bis zum letzten Atemzug dafür gekämpft, dass das, was sie erlebt hat, nicht vergessen wird".
Meiser versprach, die Linkspartei werde das Vermächtnis von Margot Friedländer ehren und "die Schrecken der Nazi-Barbarei auch den weiteren, den kommenden Generationen nahebringen", um dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder geschehe. Anschließend erhoben sich die mehr als 500 Delegierten auf dem Parteitag zu einem Moment des Schweigens.

"Diese Stimmen werden immer leiser und weniger"
Moderatorin Sandra Maischberger sagte dem rbb beim Deutschen Filmpreis am Freitagabend, es sei "ganz, ganz, ganz furchtbar", dass jemand wie Margot Friedländer nicht mehr da sei. Aus Sicht von Schauspieler Christian Berkel war Friedländer "eine tief beeindruckende Persönlichkeit". Schauspielerin Andrea Sawatzki zeigte sich "sehr betroffen, weil diese Stimmen immer leiser werden und immer weniger werden." Es lade dazu ein, es sich bequem zu machen, wenn diese Stimmen fehlen, und "das nicht mehr vor Augen zu haben, was damals war und was jederzeit wieder passieren kann".
"Ich habe Frau Friedländer sehr bewundert", sagte Regisseurin Doris Dörrie dem rbb. "Dass sie sich das angetan hat, immer wieder und wieder uns alle aufzufordern, uns zu erinnern, dass es nie wieder geschehen darf, was geschehen ist im Dritten Reich". Diese Leistung zu vollbringen, sei enorm. Die in Berlin lebende Tatort-Schauspielerin Ulrike Folkerts sagte dem rbb, es gehe jetzt "wirklich darum, dass wir so jemanden im Herzen tragen und ihre Botschaft weiter nach außen tragen".
Kondolenzbuch und Ehrengrab in Berlin
Ab Dienstag soll im Roten Rathaus in Berlin ein Kondolenzbuch für Margot Friedländer ausliegen. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU), die Senatoren und die Präsidentin des Abgeordnetenhauses tragen sich als Erste in das Buch ein, wie eine Sprecherin sagte. Danach liegt es für die Öffentlichkeit aus.
Friedländer wird in Berlin auch ein Ehrengrab bekommen. Das ergibt sich aus ihrer Ehrenbürgerschaft. Ehrengrabstätten sind "Ausdruck der Ehrung Verstorbener, die zu Lebzeiten hervorragende Leistungen mit engem Bezug zu Berlin erbracht oder sich durch ihr überragendes Lebenswerk um die Stadt verdient gemacht haben". Überlegungen zu einer Trauerfeier sind noch nicht abgeschlossen. Dazu muss sich der Berliner Senat mit anderen Institutionen abstimmen.
Schweigeminute beim Deutschen Filmpreis
Margot Friedländer war am Freitag im Alter von 103 Jahren gestorben. Die jüdische Berlinerin war in der Zeit des Nationalsozialismus ins Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierte sie in die USA, kam aber im hohen Alter zurück in ihre Heimat. Seither setzte sie sich unermüdlich für Versöhnung und gegen das Vergessen ein.
Bereits am Freitag hatten Bundespräsident Steinmeier, Berlins Regierender Bürgermeister Wegener und Brandenburgs Ministerpräsident Woidke Friedländer gewürdigt. Bei der Verleihung des Deutschen Filmspreises am Abend erhob sich das Publikum für eine Schweigeminute zu Ehren Friedländers, nachdem Pianist Igor Levit unter Tränen eine Rede zu ihrem Tod gehalten hatte.
Sendung: rbb24 Inforadio, 10.05.2025, 13 Uhr