
Erste Regierungserklärung Merz stellt sein Regierungsprogramm vor
Kanzler Merz gibt heute seine erste Regierungserklärung im Bundestag ab. Die Erwartungen sind groß: Im Wahlkampf hatte Merz einen grundlegenden Politikwechsel versprochen. Nun muss er erklären, wie er den konkret umsetzen will.
Denkt Carsten Linnemann an Friedrich Merz, kommt ein zögerlicher Superlativ. "Die Regierungserklärung wird vielleicht eine der wichtigsten Reden des Bundeskanzlers in diesem Jahr sein". Das "vielleicht" in diesem Satz kann man getrost streichen. Es ist Merz parlamentarische Ouvertüre - als Bundeskanzler. Er muss einen Rollenwechsel vollziehen, einen neuen Sound anschlagen. Legato statt staccato. Es gilt jetzt zu integrieren statt zu opponieren, zusammenführen und nicht attackieren.
Mehr noch: Es geht darum, Zuversicht zu vermitteln, Ermutigung zu formulieren und bestenfalls eine verbale Umarmung hinzukriegen. So könnte Merz das schaffen, was er im Wahlkampf vorausgesagt hat: Bis zum Sommer eine andere Stimmung im Land zu erzeugen.
Gelingt der Aufschlag zum beschworenen Politikwechsel?
Die Regierungserklärung kann der Aufschlag dazu sein. Zur Vorbereitung auf die Rede hat Merz sich am Wochenende zurückgezogen - wissend, dass er heute unter besonderer Beobachtung steht. Die Schmach der holprigen Kanzlerwahl soll schnell vergessen und der Politikwechsel noch schneller eingeleitet werden.
Dass die Merz'sche Koalition schon nach einer Woche öffentlich fingerhakelt, den Start beinahe verampelt hat: geschenkt, meint Unionsfraktionschef Jens Spahn. Die schwarz-rote Koalition starte nüchtern mit einer gewissen Skepsis in der Bevölkerung, aber sie wolle positiv überraschen.
Merz könnte erste Gesetzesvorhaben ankündigen
Die Erwartungshaltung an die neue Regierung und ihren Kanzler ist immens. Merz selbst hat sie selbst gefüttert, viel versprochen, manche sagen zu viel. Wie wird er damit umgehen?
Es ist zu erwarten, dass er erste Entscheidungen ankündigt - Gesetze, die noch bis Juli beschlossen werden sollen. Niedrige Energiepreise, um Unternehmen zu entlasten, steuerfreie Hinzuverdienstoptionen für Rentner, um den Arbeitsmarkt zu beleben. "Weitgehende Reformen sind nötig", ist Merz überzeugt.
Im Wahlkampf hat seine Partei eine Agenda 2030 versprochen, nur findet sich davon im Koalitionsvertrag längst nicht alles wieder. Auch deshalb wird Merz heute erklären müssen, wie denn der große Schwung, der Politikwechsel nun vollzogen werden soll. Steuersenkungen stehen schließlich unter Finanzierungsvorbehalt.
Außenpolitik als ein Hauptaugenmerk des Kanzlers
Und der Haushalt? Eine Großbaustelle, die der CDU-Politiker Merz vermutlich seinem Finanzminister Lars Klingbeil von der SPD in die Hände geben wird, um sich selber vornehmlich um die Außenpolitik zu kümmern. "Die Welt ist so in Unordnung, dass sich ein Bundeskanzler viel mehr als in den letzten Jahren und Jahrzehnten um die Außenpolitik kümmern muss", so Merz.
Damit hat Merz schon angefangen. Er war in Paris, Warschau, Brüssel und in Kiew. Das ganz große Parkett eben - grenzübergreifend. In Berlin wird zeitgleich über mehr Grenzkontrollen diskutiert - da läuft einiges widersprüchlich. Die einen sagen so, die anderen so. Die grüne Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann erwartet deshalb heute aufklärende Worte vom Bundeskanzler. Sie will wissen, was denn nun tatsächlich gilt.
Die Regierungserklärung wird sich Olaf Scholz übrigens aus den hinteren Reihen im Plenum anhören, als einfacher Abgeordneter. Scholz, den Merz in oppositioneller Rowdy-Manier mal "Klempner der Macht" genannt hat. Nun muss Merz zeigen, dass er dieses Handwerk besser beherrscht.